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Physiotherapie für Kinder und Babys: welche Behandlungsformen gibt es?

Bauchlage, Krabbeln, die ersten Schritte: viele Eltern beobachten staunend und begeistert, wie sich ihr Baby und später Kleinkind nicht nur kognitiv, sondern auch motorisch weiterentwickelt. Doch genau wie bei Erwachsenen auch, gibt es manche Situationen, in denen Ärzt*innen zur Physiotherapie raten. Wann Physiotherapie bei Kindern angewandt wird und welche Behandlungsformen es gibt, das erklären wir im folgenden Artikel.

Was ist überhaupt Kinderphysiotherapie?

Kinderphysiotherapeut*innen, sind Therapeut*innen, die sich durch Fort- und Weiterbildung auf die Therapie von Säuglingen und Kindern spezialisiert haben.

Stellt eine Kinderärztin oder ein -arzt eine Auffälligkeit im Bewegungsapparat oder der Entwicklung eines Kindes fest, stellt sie oder er Ihnen ein Rezept aus. Mit diesem können Sie sich dann an eine physiotherapeutische Praxis wenden. Da die Krankenkassen für die Physiotherapie bezahlen, ist eine solche Verordnung von Ärzt*innen notwendig, um nicht auf den Kosten sitzen zu bleiben.

Wichtig ist, bei der Suche nach geeigneten Physiotherapeut*innen darauf zu achten, dass die physiotherapeutische Praxis explizit die Behandlung von Säuglingen und Kindern anbietet. Denn die Physiotherapie für Kinder und Babys unterscheidet sich von der Behandlung Erwachsener. Wer eine geeignete Physiotherapeutin oder einen Physiotherapeuten sucht, der wird zum am schnellsten im Internet fündig. Die meisten haben hier auch ihre Schwerpunkte vermerkt.

Sie können sich natürlich auch im Freundeskreis umhören oder auch die Kinderärztin befragen, manchmal gibt es auch da einen Tipp. Allerdings ist es immer sinnvoll, mehrere Möglichkeiten an der Hand zu haben. Viele Physiotherapeut*innen sind meist gut beschäftigt und solche mit Zusatzausbildungen besonders.

Wann ist Physiotherapie für Kinder notwendig?

Physiotherapie für Kinderhände

andreas160578, pixabay.com

Gründe für die physiotherapeutische Behandlung von Babys und Kindern gibt es viele: Kindern mit Entwicklungsauffälligkeiten, mit Bewegungsstörungen, aber auch Frühchen und Kindern mit Behinderungen kann durch Physiotherapie geholfen werden. Dabei haben Therapeut*innen stets das Ziel vor Augen, möglichen oder zukünftigen Schmerzen sowie Bewegungseinschränkungen eines Kindes entgegenzuwirken.

Zum Behandlungsspektrum von Säuglingen gehört bei vielen Kinderphysiotherapeut*innen unter anderen die Therapie bei Schädelasymmetrien, motorischen Entwicklungsverzögerungen – beispielsweise beim Drehen auf den Bauch, beim Krabbeln und beim Laufen – und Fußfehlstellungen. Aber auch das Gleichgewicht, das Abstützen von Armen und Beinen oder auch die Atmung können im Vordergrund der Physiotherapie stehen. Einige Praxen oder Therapiezentren bieten zudem in Zusammenarbeit mit Sozialpädiatrischen Familienzentren oder Kinderkliniken physiotherapeutische Behandlungen für Babys mit Schlafstörungen oder Regulationsschwierigkeiten an. Und auch für Säuglinge, denen die Nahrungsaufnahme Schwierigkeiten bereitet, gibt es spezifisch entwickelte, physiotherapeutische Angebote.

Bei Kindern, die dem Säuglingsalter entwachsen sind, kommen weitere Therapieschwerpunkte hinzu. Einige Physiotherapiepraxen bieten die Behandlung von orthopädischen Auffälligkeiten, wie zum Beispiel Rückenschmerzen, Skoliosen oder Fußfehlstellungen an. Zudem gibt es auch Therapiemöglichkeiten für Kinder, die an neurologischen Erkrankungen oder Rheuma sowie Atemwegserkrankungen leiden. Doch auch für Kinder, die aufgrund ihrer Hyperaktivität motorisch auffallen oder Kinder, die im Gegensatz dazu einen geringen Muskeltonus und sich daraus resultierend langsam und vorsichtig durch die Welt bewegen, gibt es geeignete Kinderphysiotherapie.

Diese muss übrigens auch nicht immer im Eins-zu-Eins-Kontakt zwischen Physiotherapeut*in und Kind ablaufen: In einigen Therapiezentren, aber auch Physiotherapiepraxen, Kliniken, Sportvereinen und Frühförderstellen werden physiotherapeutische Programme für ganze Kindergruppen angeboten. Dabei werden auch soziale Kontakte gefördert und die Freude an Bewegung steht im Vordergrund.

Psychomotorik, Bobath oder Vojta – verschiedene Behandlungskonzepte der Kinderphysiotherapie

Physiotherapiegeräte

aldineiderios, pixabay.com

So unterschiedlich die Geschichten der kleinen Patientinnen und Patienten sind, so verschieden sind auch die Behandlungskonzepte in der Physiotherapie. Diese hängen dabei nicht nur von der Diagnose, sondern auch vom Entwicklungsstand des Kindes, dessen Charakter, aber auch dem Schweregrad der motorischen Belastung ab. Deshalb wird die physiotherapeutische Behandlung eines Kindes niemals nach dem Prinzip „One size fits all“ ablaufen, sondern an die persönlichen Spezifika eines jeden Kindes angepasst. Wenn Sie sich schon vor dem ersten Praxisbesuch mit einigen der bekanntesten Therapiekonzepte für Kinder vertraut machen wollen, lohnt es sich, diesen Artikel weiterzulesen.

Die manuelle Lymphdrainage und manuelle Therapie für Kinder

Bei der manuellen Lymphdrainage handelt es sich um eine medizinische Massage, bei der Physiotherapeut*innen durch gezielte Handgriffe das Lymphsystem des Körpers anregen. Da die Lymphgefäße Schadstoffe im Körper abtransportieren und deren Funktion durch Operationen oder Verletzungen beeinträchtigt werden kann, kann dies zu schmerzhaften Schwellungen führen. Die manuelle Lymphdrainage soll deshalb betroffenen Kindern Erleichterungen verschaffen.

Wie bei der manuellen Lymphdrainage auch, handelt es sich bei der manuellen Physiotherapie für Kinder um eine Therapieform, bei der Physiotherapeut*innen spezielle Griffe anwenden und mit dem Kind Bewegungen durchführen, um funktionelle Störungen des Körpers behandeln zu können. Dieses Behandlungskonzept findet in der Kinderphysiotherapie häufig nach Verletzung der Muskulatur und Sehnen, aber auch bei Brüchen und einer Bewegungseinschränkung der Faszien zum Einsatz.

Die Bobath-Therapie für Kinder

Die Bobath-Therapie ist insbesondere für Babys und Kinder geeignet, deren Bewegungen durch eine Beeinträchtigung des Zentralen Nervensystems eingeschränkt werden. Die Physiotherapeutin bezieht während der Therapiesitzung die Bezugspersonen des Kindes und dessen Neugier mit ein, während alltägliche Bewegungsabläufe trainiert werden

Physiotherapie für Kinder

RobinKoertshuis, pixabay.com

Physiotherapie nach Vojta für Kinder

Diese Behandlungsmethode wurde in den 1950er Jahren vom Kinderneurologen Prof. Dr. Vaclav Vojta entwickelt. Sie eignet sich sowohl zur Therapie von Störungen des Nervensystems als auch des Skeletts und der Muskulatur. Zudem findet sie bereits bei Früh- und Neugeborenen Anwendung. Während der Behandlungseinheit setzen Physiotherapeut*innen gezielte Reize, mit denen Rezeptoren stimuliert und somit genetisch bedingte Bewegungsmuster aktiviert werden. Dies führt zu unbewussten Bewegungen des Babys oder Kindes, die die Grundlage für weitere Bewegungsabläufe bilden. Zudem wird die richtige Stellung der Wirbelsäule, aber auch eine intensive Muskelarbeit und eine tiefe, gleichmäßige Atmung anvisiert. Neben der aktiven Arbeit mit dem Kind bildet die Anleitung der Eltern zur korrekten Ausführung von Übungen der Vojta-Therapie das zweite Standbein dieser physiotherapeutischen Intervention.

Psychomotorik-Therapie und Psychomotorikgruppen

Die Psychomotorik-Therapie ist als Gruppentherapie gedacht und findet aus diesem Grund in so genannten Psychomotorikgruppen statt. Anbieter können physiotherapeutische Praxen, Kliniken, Therapiezentren, Sportvereine oder interdisziplinäre Frühförderstellen sein. In der Psychomotorik steht die Förderung der motorischen Fähigkeiten der Kinder im Vordergrund. Da das Konzept jedoch auf Gruppen ausgerichtet ist, wird zusätzlich das Sozialverhalten der Kinder geschult, sowie Selbstvertrauen, Partizipation und Eigenständigkeit der Teilnehmenden gestärkt. Aus diesem Grund eignet sich die Psychomotorik-Therapie gut für Kinder, die Auffälligkeiten im Sozialverhalten, der Motorik und den Sinneswahrnehmungen zeigen.

Neben den genannten Behandlungskonzepten werden je nach Ausbildung der Mitarbeitenden einer Physiotherapeutischen Praxis weitere Konzepte durchgeführt. Je nach Bedarf des Kindes können dann auch beispielsweise Elemente der Mund-, Ess- und Trinktherapie, der sensorischen Integrationstherapie nach Ayres, Spina bifida Behandlung nach Prof. Ferrari, der Osteopathie, der dreidimensionalen Fußtherapie und vielen weiteren erprobten und evaluierten Konzepten Anwendung finden.

Um die richtige Behandlungsform und damit auch eine geeignete Praxis (Link) zu finden, ist ein intensiver Austausch mit den behandelnden Ärzt*innen und Physiotherapeut*innen und eine genaue Diagnose unabdingbar.

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